Bericht des Bundesrates «Rechtliche Grundlagen für Distributed Ledger Technologie und Blockchain in der Schweiz»
Zusammenfassung
Mit dem Bericht will der Bundesrat eine Auslegeordnung relevanter rechtlicher Rahmenbedingungen bieten und Handlungsbedarf klären. Der Bericht soll aufzeigen,
- dass der Schweizer Rechtsrahmen bereits heute geeignet ist, mit auf DLT und Blockchain basierenden Geschäftsmodellen umzugehen
- dass die Schweiz die innovationsfreundlichen Rahmenbedingungen weiter verbessern will und
- dass die Schweizer Behörden entschlossen sind, Missbräuche konsequent zu bekämpfen.
Zivilrecht
- Das Zivilrecht stellt für die Übertragung von Kryptowährungen keine Anforderungen – und entsprechend keine Hindernisse – auf. In Bezug auf die Übertragung von Kryptowährungen besteht deshalb kein Anpassungsbedarf im Zivilrecht.
- Token, die eine Rechtsposition (Forderung, Mitgliedschaft, dingliches Recht) abbilden und repräsentieren, sollen nach dem Willen der Benutzer eine ähnliche Funktion erfüllen, wie dies heute und traditionellerweise die Wertpapiere tun. Da ein Eintrag in einem den interessierten Kreisen zugänglichen, dezentralen Register ähnlich wie der Besitz eines Wertpapiers Publizität zu schaffen vermag, scheint es gerechtfertigt, diesem Eintrag ähnliche Rechtswirkungen zuzuerkennen. Der Bundesrat schlägt zur Erhöhung der Rechtssicherheit eine Anpassung des Wertpapierrechts vor. Dabei sollen die bewährten Grundsätze des Wertpapierrechts so weit wie möglich beibehalten werden. Eine digitale Abbildung und Übertragung kommt somit nur für diejenigen Rechte in Frage, welche auch in einem Wertpapier verbrieft werden könnten und einer freien Übertragbarkeit zugänglich sind. Die geplante Gesetzesänderung soll den Übergang von Wertrechten durch Buchungen in dezentralen Registern rechtssicher ermöglichen und möglichst technologieneutral ausgestaltet werden.
Insolvenzrecht
- Der Bundesrat erachtet es als notwendig, dass die Aussonderung kryptobasierter Vermögenswerte im Fall eines Konkurses aus der Konkursmasse gesetzlich abschliessend geklärt wird. Vorauszusetzen wäre, dass diese Vermögenswerte dem Dritten individuell eindeutig zugeordnet werden können. Nach Ansicht des Bundesrates ist im vorliegenden Zusammenhang zusätzlich zu prüfen, ob auch im Hinblick auf nicht vermögenswerte Daten ein Anspruch auf Aussonderung geschaffen werden sollte. Der Bundesrat wird deshalb im Rahmen der geplanten Vernehmlassung eine entsprechende Gesetzesänderung vorschlagen.
Finanzmarktrecht
- Im Bankenrecht wird der Bundesrat – im Lichte der oben erwähnten vorgeschlagenen Anpassung im SchKG – eine entsprechende Anpassung bankinsolvenzrechtlicher Bestimmungen (namentlich im Bereich der Absonderung von Depotwerten) prüfen und allfällige Anpassungsvorschläge in der geplanten Vernehmlassung unterbreiten.
- Im Finanzmarktinfrastrukturrecht schlägt der Bundesrat die Schaffung einer neuen Bewilligungskategorie für Infrastrukturanbieter im Blockchain-/DLT-Bereich vor. Ferner sollen damit zusammenhängende Anpassungen im Finanzmarktinfrastrukturgesetz sowie im neuen Finanzinstitutsgesetz vorgeschlagen werden mit dem Ziel, mehr Flexibilität zu schaffen.
- Im Finanzdienstleistungsgesetz, das Anfang 2020 in Kraft treten wird, sieht der Bundesrat derzeit keinen Änderungsbedarf aufgrund von Blockchain/DLT. Die vorgesehenen Anforderungen etwa zur Information der Kundinnen und Kunden sind bei auf Blockchain/DLT basierenden Finanzinstrumenten besonders relevant, da solche Finanzinstrumente neuartig und teilweise schwierig zu bewerten sind und sich durch besonders hohe Wertschwankungen auszeichnen können.
- Im Kollektivanlagenrecht hat der Bundesrat im September 2018 das EFD beauftragt, bis Mitte 2019 eine Vernehmlassungsvorlage zur Änderung des Kollektivanlagengesetzes zu erarbeiten, um eine neue Kategorie von Fonds zu ermöglichen (sog. Limited Qualified Investment Funds, LQIF). Dadurch können inskünftig neue innovative Produkte rascher und kostengünstiger auf den Markt gebracht werden.
- Im Versicherungsbereich sind viele Blockchain/DLT-Projekte derzeit in einem frühen Stadium. Bislang zeichnet sich kein finanzmarktrechtlicher Handlungsbedarf ab, aber eine abschliessende Beurteilung ist noch nicht möglich.
Geldwäschereirecht
- Das Geldwäschereigesetz ist heute ausreichend technologieneutral ausgestaltet, um auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowährungen und Initial Coin Offerings (ICOs) weitgehend zu erfassen. Die generellen Prinzipien des Geldwäschereigesetzes gelten auch für kryptobasierte Vermögenswerte. Die Tätigkeiten der meisten Akteurinnen und Akteure im Krypto-Bereich qualifizieren bereits heute als Finanzintermediation und sind dadurch dem Geldwäschereigesetz unterstellt.
- So genannte Non-Custodian Wallet Anbieter und bestimmte dezentrale Handelsplattformen für kryptobasierte Vermögenswerte sind heute jedoch nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt. Die sich in diesem Zusammenhang stellenden Herausforderungen sind grundsätzlich international im Rahmen der Arbeiten der Financial Action Task Force anzugehen. Vor diesem Hintergrund sieht der Bundesrat derzeit davon ab, eine Ausdehnung der Unterstellung von Non-Custodian Wallet Anbieter unter das Geldwäschereigesetz vorzuschlagen.
- Hingegen soll zur Erhöhung der Klarheit für Marktteilnehmende die heute bestehende Unterstellung dezentraler Handelsplattformen unter das Geldwäschereigesetz expliziter rechtlich verankert sowie eine allfällige Unterstellung weiterer solcher Plattformen geprüft werden.
Quelle: https://www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/55150.pdf
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